7. Juli 2012

Nietzsches Wortgewalt

Lasse man sich dies auf der Zunge zergehen!
 
"[...] neugierig bis zum Laster, Forscher bis zur Grausamkeit, mit unbedenklichen Fingern für Unfassbares, mit Zähnen und Mägen für das Unverdaulichste, bereit zu jedem Handwerk, das Scharfsinn und scharfe Sinne verlangt, bereit zu jedem Wagniss, Dank einem Überschusse von "freiem Willen", mit Vorder- und Hinterseelen, denen Keiner leicht in die letzten Absichten sieht, mit Vorder- und Hintergründen, welche kein Fuss zu Ende laufen dürfte, Verborgene unter den Mänteln des Lichts, Erobernde, ob wir gleich Erben und Verschwendern gleich sehn, Ordner und Sammler von früh bis Abend, Geizhälse unsres Reichthums und unsrer vollgestopften Schubfächer, haushälterisch im Lernen und Vergessen, erfinderisch in Schematen, mitunter stolz auf Kategorien-Tafeln, mitunter Pedanten, mitunter Nachteulen der Arbeit auch am hellen Tage; ja, wenn es noth thut, selbst Vogelscheuchen – und heute thut es noth: nämlich insofern wir die geborenen geschworenen eifersüchtigen Freunde der Einsamkeit sind, unsrer eignen tiefsten mitternächtlichsten mittäglichsten Einsamkeit: – eine solche Art Menschen sind wir, wir freien Geister! und vielleicht seid auch ihr etwas davon, ihr Kommenden? ihr neuen Philosophen? –"


- Friedrich Wilhelm Nietzsche: Jenseits von Gut und Böse-


(Hervorhebung der Lieblingsstellen durch mich ;) )

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen