25. Mai 2015

Schmetterlings-Massaker

 
Der wahrscheinlich unverfrorenste, überschätzteste und ausbeuterischste Stand unseres Kiezflohmarktes befindet sich an der hinteren Front des Boxhagener Platzes. Hier hat jemand ein ohne Frage höchst profitables Geschäft daraus gemacht, einzelne Seiten aus alten Pflanzenbestimmungsbüchern, Atlanten, Naturkunde- und Biologiebüchern etc. herauszulösen, sie hinter ein Passepartout zu legen, in Folie zu stecken und dafür 15 Euro pro Blatt zu verlangen. Mit dieser Kosten-/Nutzen-Rechnung fährt man an einem gut besuchten Sonntag wohl in etwa das Bruttoinlandsprodukt eines mittelgroßen Entwicklungslandes ein. Denn sobald die Touries, Hipster, Studenten, Neuberliner (zu denen ich mich selbst ohne Frage zähle) auch nur den Hauch von Nostalgie und Retrodesign wittern, sind die Geldbörsen schneller gezückt, als ich "Club Mate" sagen kann.

Nicht dass ich mir das ein oder andere Motiv nicht durchaus auch recht dekorativ an meiner eigenen Zimmerwand vorstellen könnte. Aber bei 15 Euro pro Blatt kann ich nur müde lächeln und mir derweil die Anzahl an Mensa-Beesuchen, Zahnpastatuben, Schokolade und weiteren lebenserhaltenden Maßnahmen ausrechnen, die ich mir dafür stattdessen leisten könnte. Um so mehr fingen meine Augen an zu leuchten, als ich ein paar Stände weiter dieses schmucke Buchexemplar entdeckte: "Das große Buch der Schmetterlinge"


Innerlich jauchzend und mit einer sicherlich debil-verzückten Miene blieb mir nur noch übrig, dem Verkäufer zu lauschen, der mir mit einer "Sind-Sie-sicher-dass-sie-das-wirklich-haben-wollen"-Miene den Preis von einem Euro nannte, und dabei noch so aussah, als wollte er sich dafür entschuldigen.


Ich gestehe: Seit diesem Tag bin ich ein bisschen im Rausch - im Bastelrausch. Während ich also Schmetterling Nr. 284 und Nr. 285 ausschneide und sich nach und nach an meinen Händen gewisse Abnutzungserscheinungen bemerkbar machen, bin ich gedanklich schon dabei, Briefumschläge zu bekleben, Geschenkpapier herzustellen, Bilderrahmen zu bestücken und 1001 andere Dinge mit diesen farbenfrohen Insekte anzustellen, die sich (da bin ich mir ganz sicher...chrm) mit der Zeit ergeben werden.


Und wenn ich das nächste Mal - wie, ähm, so oft - händeringend um 345 ausgeschnittene Schmetterlinge gebeten werde, dann stehe ich schonmal nicht mit leeren Händen da, sondern muss nur noch freundlich nachfragen, welche Farbe es denn sein darf.


Und wenn gar nichts hilft, weiß ich schonmal, wie ich später meinen Lebensunterhalt erwerben kann...
Passepartout, Tütchen drum....